Amerikareise 2001 - Kapitel 3: Fliegen macht Spaß

Nach einem letzten Henkersfrühstück (Kaiserschmarrn a la Elke - hmmmm) bei meinem Bruder in Bischem (hätte eigentlich am Samstag abend eine Abschiedsparty werden sollen, deshalb waren auch Torsten und Alex da, nur ich hatte leider gefehlt - wie unangenehm) wurde ich also am Sonntag morgen um kurz nach 9 Uhr am Frankfurter Flughafen ausgesetzt. Und nachdem ich erstmal brav eine Viertelstunde am Check-In Schalter gewartet hatte, erfuhr ich von der freundlichen Dame, dass meine Buchung storniert worden sei, obwohl ich ein Ticket in der Hand hielt. Das erkläre sich wer will, nach einer weiteren halben Stunde Warten an diversen Schaltern war es dann aber doch soweit, ich durfte meine 40,5 kg Ballast wieder aufs Transportband wuchten und mitfahren.

Mitfahren? Ja, zunächst sah es nämlich so aus, als sollte unsere Boeing den Landweg nach London nehmen, wir fuhren erstmal vom einen Ende des Flughafens (Terminal D) zum anderen (Startbahn West), immer verfolgt von einer Lufthansa-Maschine, bis es dann doch aufwärts ging.

Der Flug nach London verging ohne nennenswerte Vorkommnisse, trotz Fensterplatz war aus wolkentechnischen Gründen nicht viel zu sehen. In London hatten sich die Wolken gerade zu einem Gewitter formiert, was den Anflug nicht gerade wackelfrei gestaltete und meinen Magen an die Grenze der Rebellion trieb. Nach der kleinen Flughafenrundfahrt (Terminal 1 nach Terminal 4 über ein paar Roundabouts und unter der Landebahn durch war erstmal 4 Stunden Pause angesagt. Vor dem Fenster stehen die Maschinen von BA, die in letzter Zeit individuell bemalt werden, je nach dem, wo sie so hinfliegen.

Das ist ja noch ziemlich einfach, aber das da ...

Der Start in der bis auf den letzten Platz besetzten Boeing 747 gestaltete sich ungefähr so ruhig wie die vorherige Landung, aber bis zum Essen hatte sich die Lage beruhigt. Während ich also eingequetscht zwischen Wolken über Irland auf der rechten Seite und Herrn Becker aus dem Saarland (nein, nicht Heinz, sondern Hans) auf der linken die Werbung auf der nahezu unsichtbaren Videowand über mich ergehen ließ, wurde chicken curry aufgetragen. Wie üblich so verpackt, dass man es in eingepferchter Lage fast nicht auspacken und sicher nicht kleckerfrei essen kann. Nach dem Spielfilm riss über Grönland die Wolkendecke auf und gab den Blick frei auf Gletscher am Rand eines mit Eisbergen übersäten Meeresarms – beeindruckend, zumindest aus ein paar hundert Metern Höhe.

In Vancouver empfängt uns kühles feuchtes Wetter, ein großzügig angelegter und optisch sehr ansprechender Flughafen (nicht so klobig-steril-großkotzig wie in Frankfurt ...) und viele lange Schlangen an der Passkontrolle. Ausgerechnet in meiner Schlange steht ein uralter, moslemisch aussehender Opa, der weder englisch noch französisch spricht und als einziger nicht kapiert hat, daß man ein Formular ausfüllen muss, aber aus irgendeinem Grund nach Kanada möchte. Hätte ich mich jetzt aufregen sollen oder glücklich sein, dass ich der Tourist und nicht der Zoll-Mensch bin? Da mein nächster Flug sowieso noch Zeit hatte, entschied ich mich für Mitleid und Geduld haben. Das war danach gleich nochmal hilfreich, da wurden nämlich alle Gepäckstücke zum x-ten mal durchsucht, ob wir nicht irgendwas einschmuggeln könnten, das nach Maul- und Klauenseuche aussieht, immerhin sind wir ja aus London gekommen. So musste ich dem Mädel an der Röntgenkamera 4 Dosen Spezi und 2 Kaffeetassen erklären (was diese eigenartigen Deutschen so alles nach Kanada einschmuggeln wollen ...).

Nächste Aufgabe waren kilometerlangen Wanderwege zwischen Baustellenzäunen hindurch, wie doch der freundliche Kollege von Air Canada sagt: solange laufen „until you hit the wall“. Boarding war laut Bordkarte um 20:15 Uhr. Das war einfach. Aber wieviel Uhr war es jetzt? Auf meiner Uhr war es fünf Uhr morgens. Wie kann man Flughäfen bauen und keine Uhren aufhängen? Das freundliche Mädel um die Ecke verkaufte mir nicht nur einen halben Liter Milch (jaja, ich weiß schon ...) sondern sagte mir auch, es sei jetzt acht. Na bestens. Kurz nach neun kam die Maschine glücklich hereingerollt, mit einer guten halben Stunde Verspätung ging's dann wieder in die Luft, nach einer guten Stunde wieder in Calgary runter.

Die Ankunft in Calgary war unspektakulär, das Gepäck kam an, der Shuttle Service des Hotels war flott. Im Hotelzimmer angekommen hätte ich eigentlich nur noch ins Bett fallen wollen. Aber ein innerer Drang in mir war stärker: Notebook ausgepackt, dem Telefon das Kabel geklaut, für Calgary eingerichtet und eingewählt – binnen 10 Minuten war ich drin, zwar nur mit 24 k, aber das dafür kostenlos. Ja, hier in Kanada sind Ortsgespräche völlig gratis, die Flatrate für alle sozusagen. Für mehr als mails holen und verschicken und einen kurzen Eintrag im Romans-Gästebuch hat’s aber nicht gereicht. Mehr später ...