Amerikareise 2001 - Kapitel 5: On the road again

Nachdem ich erstmal den Weg aus Calgary gefunden habe (wozu so ein Kompass doch gut ist!) finde ich mich also auf den endlosen kanadischen Highways wieder. Und so wandere ich also in Gedanken zwischen Deutschland (links) und Kanada (rechts) hin und her.

... wo das Land weit und der Himmel endlos ist (das grüne rechts oben ist übrigens nicht echt sondern nur die getönte Windschutzscheibe!). Ein weiterer Blick geht dann etwas nach unten, was zumindest einen Unterschied deutlicher werden lässt (das sind beides km/h, nur damit keine Missverständnisse aufkommen):

Am südlichen Ende von Alberta bin ich unversehens in dem Land, in dem Milch (und Honig?) fließen: unter mir fließt der milk river Richtung Missouri. Wollen die Leute da unten jetzt Joghurt machen oder Kanu fahren?

Kurz danach mache ich mich daran, die US-Grenze zu überqueren. Wie erwartet darf ich mal wieder kein Obst über die Grenze mitnehmen und muss meine zwei Birnen gleich vor Ort mampfen. Wie nicht erwartet, eröffnet mir der freundliche Herr vom Zoll, dass das lebenslange Visum, das ich zu haben glaubte, aufgrund eines neu erlassenen Gesetzes jetzt nur noch 10 Jahre lang gilt und deshalb abgelaufen ist. Ehe ich mir’s versah war das Visum entwertet und meine Aufenthaltsdauer auf 3 Monate befristet. Juchhe. Kurz nachgerechnet, dann muss ich eben beim Wiedereintritt in die Atmosphäre aus Kanada und aus Mexico jeweils wieder 3 Monate organisieren, dann klappt auch das. Jetzt bin ich also wieder in den Staaten. Erst mal falle ich negativ auf, weil ich mich in der einspurigen Baustelle strikt an das Tempolimit halte ("fines double in work zones"), bis ich nach einiger Zeit realisiere, dass auf dem Schild jetzt Meilen statt Kilometer stehen und ich viel schneller dürfte – peinlich!

Die spinnen, die Amis. Oder würde bei uns jemand auf die Idee kommen, jedem seiner Zaunpfähle ein Baseballcap aufzusetzen? Nie im Leben. Ansonsten erinnert mich das Bild etwas an den weißen Riesen, aber das ist auch schon länger her.

Weiter geht’s im strömenden Regen durch Nord-Montana, langsam wird es auch noch kälter. Na danke. Obwohl ich immer noch auf der I 15 und nicht auf der A 8 bin, heißt die nächste Ausfahrt Ulm. Nur dass es da kein Münster gibt und insgesamt sehr trostlos aussieht, ziemlich viel Schrott... Aber wenigstens hat's keinen Nebel und auch ein paar Berge.

 

Als der Tank schon wieder zur Neige geht (das mit den 15 Litern auf 100 war wohl nur ein Wunschtraum von Heinz, ich brauche trotz sanfter Fahrweise 20 oder mehr), geht’s an die Tankstelle in Conrad, Montana (im Radio meldet sich der lokale Sender „Wide open Country“, das paßt!). Da teste ich mal meine diversen Karten und stelle fest, dass ich sowohl mit Visa als auch mit EC-Karte bezahlen kann, auch die Geldautomaten geben mir klaglos was ich will. Die Reiseschecks waren also tatsächlich völlig unnötig.  

Falls übrigens mal jemand Sorgen mit Rasenmähern oder Kettensägen hat, ich hätte da eine Adresse in Sioux Falls, South Dakota ...

Die ganze Nacht hat es durchgehend geregnet. Auch jetzt ist es (außerhalb meiner zwei Schlafsäcke) schweinekalt. In Helena von der I 15 auf die 287 abgebogen. In einem bei schönem Wetter sicher sehr malerischen Tal schlängelt sich der Missouri um die Eisenbahnlinie und die Straße herum (oder andersrum?). Oben auf den Bergen liegt tatsächlich noch Schnee. Mein Thermometer ist auch schon auf 4 Grad. Als ich bei Three Forks auf den Highway 90 nach Osten einbiege, wird der Regen schon flockiger. Und in Bozeman schneit es, was es kann.

Es liegen sicher schon 15 cm Schnee, der Wetterbericht im Radio sagt, das geht so weiter. Wenn ich mir so die Kühe neben der Straße ansehe, bin ich schon froh, dass ich ein geheiztes Auto habe. Auf dem Parkplatz vom Wal-Mart ist der Schneepflug unterwegs (die Bäume da haben übrigens Blätter, keine Nadeln!)

... und auf der diesjährigen Kollektion Gartenmöbel bleiben sie wohl auch erstmal sitzen. Dafür ist der Umsatz mit wasserfesten Winterstiefeln aber sprunghaft angestiegen, nachdem auch einige Amis überrascht sind, als sie mit kurzen Hosen und dünnen Turnschuhen durch den Schnee hüpfen. Ich habe meine dicke Winterjacke ausgepackt und die Buffalos sind glücklicherweise hoch ...

Als es auch in Livingston, wo die Straße zum Yellowstone Nationalpark abbiegt, noch schüttet (inzwischen wieder überwiegend Regen, aber dafür mit umso mehr Wind), mein Thermometer gemütliche 5 Grad misst und der Wetterfrosch im Radio sagt, das gehe auch morgen so weiter, fällt der folgenschwere Entschluss, unter diesen Umständen auf den Umweg zu verzichten. Ich gehe einfach mal davon aus, dass der gute Old Faithful auch irgendwann in Zukunft nochmal eruptiert, dann vielleicht sogar bei einem Wetter, bei dem man nicht in 5 Minuten durchnäßt und steifgefroren ist.