Amerikareise 2001 - Kapitel 27: North to Alaska

Mit Jasper verlasse ich den nördlichsten Punkt der zivilisierten Welt, zumindest was Busreisende dafür halten. Ab hier werden die Highways einsamer, der Sprit teurer und die Natur natürlicher. So stellen es zumindest die diversen Prospekte dar, die mich in die endlose Weite des Nordens locken wollen. Und die beginnt per Definition an diesem Punkt:

Der "Meile 0" in Dawson Creek (55°46' N, 120°14' W). Das Monument steht zwar eigentlich gar nicht am Beginn des Highways sondern zwei Ecken weiter in der Stadt, aber wir sind heute ja großzügig. Die Großzügigkeit wird gleich noch mal gebraucht, bei der Frage, wohin der Alaska Highway eigentlich führt und wie weit es bis dahin ist. In Dawson Creek glauben sie, er führe nach Fairbanks und es seien 1523 Meilen bis dahin. Da es von Fairbanks nach Delta Junction aber schon eine Straße gab, bevor der Alaska Highway gebaut wurde, lassen Puristen ihn dort aufhören und nennen den Rest Richardson Highway, was dann nur noch 1422 Meilen wären. Allerdings nur damals, inzwischen wurde die Streckenführung an vielen Stellen geändert, was die tatsächliche Entfernung auf 1390 Meilen reduzierte. Das stört in Alaska aber niemanden, dort werden weiterhin die "historischen" Meilensteine genutzt. Nachdem Kanada in den 70er Jahren auf das metrische System umstellte, finden sich im Yukon Territory nun Kilometersteine, die die veralteten Meilen in veraltete Kilometer umrechnen. In British Columbia haben sie weitergedacht und Kilometersteine mit den tatsächlichen Entfernungen aufgestellt. Wenn man also an der historischen Meile 627 die Grenze von BC nach Yukon überquert, steigt die Entfernung von Dawson Creek schlagartig von 967,6 auf 1009 km. Alles ganz logisch ...

Jetzt aber zur Straße. Nach der Bombardierung von Pearl Harbor im Dezember 1941 richtete sich die Aufmerksamkeit des Militärs auf Alaska. Das war bisher nur umständlich über eine Luftbrücke zu erreichen. So genehmigte Präsident Franklin D. Roosevelt im Februar 1942 den Bau einer Pionierstraße, der am 9. März 1942 begonnen und am 20. November 1942 mit der offiziellen Einweihung abgeschlossen wurde. Inzwischen hatten 11.000 amerikanische Soldaten einen Weg durch die Wildnis gebahnt. Oben im Bild ist der Kiskatinaw River, der ursprünglich per Furt zu durchqueren war. Bei Hochwasser (wie hier im Bild) nicht einfach. So wurde bereits 1943 diese Holzbrücke errichtet, die 30 Meter über dem Fluss auf 163 Metern 9 Grad um die Kurve führt. Allerdings mussten Fahrzeuge über 24 Tonnen immer noch durch den Fluss, weshalb 1978 eine neue Brücke an einer neuen Trasse gebaut wurde, was dieser Brücke als einziger das Überleben sicherte.

Ein paar Meilen nördlich versichere ich mich durch einen Blick auf meine Karte, dass ich noch in den Rocky Mountains bin und nicht versehentlich die Abzweigung zu den Anden genommen habe.

So schlängelt sich die Straße an Flüssen und Seen entlang, hier dem Muncho Lake. Wie Ihr sicher schon gemerkt hab, hat sich das Wetter einigermaßen gemacht. Was gibt es da also Schöneres, als seinen Camper an einem einsamen, friedlichen See abzustellen und endlich die "Zeit" zu lesen, die ich in Calgary für ein halbes Vermögen (8,50 DM) erworben habe.

Hatte ich gerade einsam gesagt? Diese Stelle am Simpson Lake ist wohl ein bekannter Geheimtip, jedenfalls kommen im Laufe des Nachmittags haufenweise Einheimische vorbei, um zu Angeln, ihr Boot ins Wasser zu lassen oder auch nur festzustellen, dass der Platz schon belegt ist und wieder abzufahren. Hatte ich außerdem gerade friedlich gesagt? Das hat sich auch sehr schnell geändert, als die Sonne daran ging, unterzugehen.

Sehr plötzlich habe ich viele neue Freunde, die alle in meinen Camper wollen. Glücklicherweise verfügen alle Fenster und die Dachluke (Bild) über ein dichtes Fliegengitter. Womit sich ein weiteres Vorurteil gegenüber Alaska zu bestätigen scheint. Tatsächlich finden sich weiter nördlich wesentlich weniger Blutsauger, als befürchtet. Wenn man nicht gerade direkt neben einem Tümpel übernachtet, ist es sehr gut auszuhalten.

So genieße ich einen der letzten Sonnenaufgänge, die nicht zu unchristlicher Zeit mitten in der Nacht stattfinden.