Amerikareise 2001 - Kapitel 44: Mal wieder am Nullpunkt 

Langsam aber sicher bin ich auf dem Rückweg in die Zivilisation. Kurz nachdem ich Port McNeill verlassen habe, fangen die Hügelketten die Wolken ab. In Courtenay ist es schon komplett sonnig und warm. Das mit dem Verkehrsschilder aufstellen haben sie allerdings noch nicht so ganz raus, ich verfranze mich erst mal wieder. Dabei entdecke ich den städtischen Blumengießer in Aktion.

Übrigens, nicht nur die Blumen, sondern auch das gesamte Ambiente rundrum lässt auf eine sehr gehobene Wohngegend schließen. Die Uferstraße führt an einigen sehr stattlichen Anwesen vorbei. Die kann ich aber immer nur so mit einem Auge bewundern. Um mich herum ist nämlich plötzlich ein heiden Verkehr. Vierspurige Straßen und jede Menge Autos. Aus und vorbei die Zeiten, als man mitten auf dem Highway mal für 10 Minuten parken konnte. Ich muss mich richtig umgewöhnen. Was noch schwerer fällt, weil hier die grüne Welle noch nicht erfunden wurde. Einheimische beschleunigen an einer grün werdenden Ampel, was die Karre hergibt. Nur das gibt ihnen dann die Möglichkeit, an der nächsten, gerade rot werdenden Ampel voll in die Bremsen steigen zu können. Aber wie schon früher erwähnt: ein Volk mit vierseitigen Stopschildern muss ja irgendwo einen Schaden haben.

Ein paar Ampeln weiter kann ich dann gerade noch einen Lachkrampf unterdrücken. Den Beetle neben mir haben sie zu Joghurt-Werbezwecken auf Kuh getrimmt. Das Tüpfelchen auf dem i ist dann das Nummernschild: Dr. Moo. Der Gag wäre in Deutschland schon mal wieder an zahllosen Vorschriften gescheitert, möchte ich wetten. Und falls nicht, scheinen wir Deutschen nicht kreativ genug zu sein. Bei uns ist doch eine lustige Lackierung schon das höchste der Gefühle...

Wo ich gerade am Schimpfen bin. Die Fahrt zur nächsten Attraktion auf der Liste, dem Fort Rodd Hill, gestaltet sich erneut abenteuerlich. Das Hinweisschild auf der Straße war wegen Bauarbeiten gerade abmontiert, mein Reiseführer fand es ausreichend, einen Lageplan ohne Straßennamen abzudrucken und der Road Atlas ist bei so Sachen so hilfreich wie ein Globus beim Pilzesuchen. Mit anderen Worten, ich habe die Nachbarschaft bereits komplett gesehen, bis sich das Fisgard Lighthouse vor mir in voller Schönheit zeigt.

Die Verteidigungsanlagen besichtige ich dann im Schnellgang, wir machen nämlich schon gleich zu. Das genaue Gegenteil ist dann die Innenstadt von Victoria, der Hauptstadt der kanadischen Provinz British Columbia (BC). Rund um den Inner Harbor ist noch jede Menge geboten.

  

Drei etwas ältere Herren spielen Folk- und Country-Musik (links), während nebenan ein Artist jongliert, Einrad fährt und auch sonst eine riesige Show abliefert (rechts). Das macht sich in einem prall gefüllten Hut am Ende der Vorstellung bemerkbar, der Stundenlohn war sicher nicht schlampig. Und um Nachfragen gleich vorzubeugen: ja, auch ich haben den Schotten in mir überwunden und mich von einem Loonie getrennt :-) Das im Hintergrund ist übrigens das Parlamentsgebäude. Es rahmt zusammen mit dem alt-ehrwürdigen Empress Hotel das Hafenbecken ein, wunderschön.

Neben den Musikern findet sich eine ganze Reihe von zeichnenden Künstlern, von Porträts über Karikaturen bis zu dem japanischen Opa, der mit Wasserfarben Namensschilder malt, jeden Buchstaben aus verschiedenen bunten Pflanzen oder Tieren. Was mich am meisten daran beeindruckt, ist seine Präzision und die Geschwindigkeit. Bei so viel Kunst habe auch ich mich inspirieren lassen. Ich weiß nicht genau warum, aber irgendwie finde ich braune Beine in Sportsandalen sexy.

Dazu passt dann am anderen Ende des Hafenbeckens der Rastaman, allerdings leider überwiegend mit der Gitarre aktiv und nur ganz selten mal auf die Ölfässer eintrommelnd.

Von so viel Zusehen und Zuhören wird man natürlich langsam hungrig. Dummerweise gibt es hier nur Restaurants, wo man sich nobler anzieht und reinsetzt. Essen auf die Faust bietet eigentlich nur eine Bude. Und deren Cheese Hot Dog hätte ich mir lieber geschenkt, nicht sehr schmackhaft und mit 7 DM auch nicht wirklich ein Schnäppchen. 

Ach ja, Walbeobachtung bieten sie auch hier an. Und zwar mit einem Boot namens "Prince of Whales" - ich musste zwei mal hinsehen, bis der Groschen fiel. Ein Schlauchboot deshalb, weil sie die Touristen sonst nicht in 3 Stunden (ich hatte für den gleichen Preis 5½) von Victoria bis zu den Walen und zurück kriegen. Die Gruppe, die gerade an Land geht, hatte übrigens dennoch Pech: nix gesehen. Damit das Vergnügen mehr fröhlich als feucht wird, werden die Passagiere in wasserdichte Anzüge gesteckt. Mich erinnert der Papi aber eher an das Michelin-Männchen, muss ich sagen.

Während es um mich herum langsam dunkel wird, fahre ich noch ein Stück des 'scenic drive' ab. Er beginnt an einem Monument für die Meile 0 des Trans-Canada-Highway. Komisch, in St. John's auf Neufundland behaupten sie auch, die Meile 0 zu haben. Wir haben hier also 7800 km Straße mit zwei Anfängen aber ohne ein Ende. Dabei dachte ich immer, alles habe ein Ende, nur der Highway zwei ...