Amerikareise 2001 - Kapitel 52: Eine Entdeckung und viel Meer

Nach einer guten Woche im "Outback" quer durch Washington genieße ich es richtig, in Carson mal wieder eine richtige Pizza zu bekommen. Abgesehen davon war meine Tankleuchte schon seit 15 km auf Alarm, höchste Zeit also für eine Tankstelle. Die ist zwar die einzige im Ort und sauteuer, aber schieben wollte ich dann doch eher nicht. Dann geht es den Columbia River abwärts. Sieht ein wenig so aus wie das Neckartal, nur viermal so groß und felsiger.

Dann bin ich mal wieder in einem Vancouver (Ihr wisst inzwischen schon, benannt nach George dem Entdecker) und auch gleich über die Brücke in Portland, Oregon. Trotz Stadtplan und Universitätsstudium ist es mir nicht gelungen, zielgerichtet in diese Stadt rein oder raus zu fahren. Und wenn man eine Ausfahrt vom Interstate verpasst hat, bedeutet das gleich 15 km Umweg um 5 Ecken. Endlich in der Innenstadt angekommen, findet man unmöglich einen Parkplatz. Eigentlich wollte ich ja auch nur mal schnell in der Tourist Office vorbeischauen, um Infos über Internet Cafés zu bekommen. Die Oma meint, ich solle es doch mal bei Kinko's drei Ecken weiter probieren. Das tue ich dann auch und bin komplett perplex. Erstens gibt es kostenlose Kundenparkplätze vor der Tür, zweitens haben sie jede Menge Arbeitsplätze, wo der gestresste Tourist mal schnell seinen Laptop einstöpseln kann (Strom und Telefon), sie haben jeden Tag 24 Stunden geöffnet und obendrein kostet das alles überhaupt nix. Das Sahnehäubchen ist dann die Erkenntnis, dass es sich da um eine Kette mit über 1000 Filialen weltweit handelt, in USA in jedem größeren Kaff vertreten. Ein Geheimtipp, den ich nur wärmstens weiterempfehlen kann. In der Zwischenzeit habe ich sicher schon 30 Filialen besucht, ist mein zweites Zuhause geworden, meistens wie die Oase in der Wüste und fast ausschließlich meine Verbindung zur restlichen Welt.

Die nächsten zwei Stunden stehe ich dann im Stau. Wie es aussieht, wollen alle Portländer genauso ans Meer wie ich, immerhin ist Labour Day Wochenende. Vorbei an Lincoln City, dessen einzige Attraktion der angeblich im Guinnes Buch eingetragene kürzeste Fluss der Welt (130 Meter) namens D ist (keine Abkürzung, einen längeren Namen hat das Bisschen Fluss wohl nicht verdient). Während ich die Küstenstraße südwärts fahre, fällt mir auf, dass hier Waschbären überfahren werden wie bei uns daheim die Kaninchen. Und jede Menge Brombeerhecken gibt's hier - hmmm!

Am Rocky Creek Viewpoint wollte ich eigentlich nur mal die Gegend genießen. Da verwickelt mich ein Mensch, der sich später als Tim (50) vorstellt, in ein Gespräch. Man will ja nicht unhöflich sein, also erkläre ich eben zum erbsenfünfzigsten Mal, wo ich herkomme, wo ich schon war usw. Nach einer guten halben Stunde kann ich mich loseisen, nicht ohne vorher erfahren zu haben, wie er und Gott die besten Freunde wurden, wie jetzt alle Sorgen von ihm genommen sind (anders formuliert: sein Geschäft ist pleite und die Frau hat ihn verlassen) und wie man nach dem ABC-Prinzip lebt. Au weia.

Einen Parkplatz weiter habe ich dann mehr Glück mit den Walen. Obwohl die "Zugvögel" unter den Walen gerade keine Saison haben, leben hier an der Küste ein paar Grauwale. Und die geben sich dann tatsächlich die Ehre. Ungeschickterweise sind die Wale meistens untergetaucht, bis man sie blasen hört und mit der Kamera an der Stelle ist, sind sie dann schon wieder weg. Also heißt es hellsehen bzw. schätzen. Noch dazu hat es inzwischen angefangen, zu regnen und es zieht erbärmlich. Ich sitze also quer auf dem Fahrersitz, die Kamera aus der Seitenscheibe raushaltend (mit dem Camper als Vordach) und warte auf den nächsten Wal.

 

Nebenan parken Amis, um sich die Wale anzusehen. Da sie nur 20 Minuten stehen bleiben wollen, verzichten sie allerdings darauf, ihren Motor abzustellen. So bleibt es wärmer im Auto. Dass jetzt weder sie noch der doofe deutsche Tourist die Wale blasen hören können und deshalb massive Probleme haben, die Tierchen zu lokalisieren, spielt dabei keine Rolle. Mir schwillt der Kamm. Zumindest die Pelikane, die gerade vorbeikommen, sind einfacher zu knipsen.

Der South Beach State Park bietet angeblich "hot showers" (heiße Duschen). Das wäre jetzt was für mich. Sie schreiben auch dran, wie man den Hebel drehen muss, damit heißes Wasser kommt. Leider steht nix davon dabei, wie man verhindert, dass heißes Wasser kommt. Ich bin fast gar und konnte keinen kühlen Kopf bewahren, bis ich wieder raus komme.

Die nächste Ortschaft nennt sich "seal rock" (Seehundfelsen). Genauer hätte man es auch nicht beschreiben können. In einer wunderschönen Bucht kann man Dank Ebbe reichlich Gezeitenbecken mit Seesternen usw. bewundern, und eben die Seehunde auf ihrem Felsen.

Auch der anschließende Sonnenuntergang kann sich durchaus sehen lassen, finde ich.

Auf den Felsen haben es sich übrigens nicht nur Seehunde bequem gemacht. Auch eine Kolonie Kormorane genießt die letzten Sonnenstrahlen des Tages.

Ein paar Meilen weiter finden sich die Sea Lion Caves (Seelöwen-Höhlen). Nachdem gerade eine Busladung Japaner im Eingang verschwunden ist, erfahre ich vom Mädel an der Kasse, dass die Seelöwen eigentlich nur im Winter in der Höhle und derzeit gar nicht da, sondern im Meer unterwegs sind. Daraufhin spare ich mir die 15 DM Eintritt und wandere lieber mal zum Hectea Head Leuchtturm. Den habe ich auch schon mal auf Bildern gesehen...

Da unten in der Bucht schwimmen übrigens zwei oder drei Steller-Seelöwen. Sie tauchen allerdings immer nur ganz kurz auf, dann sind sie wieder weg.

Mein Reiseführer meint, ich solle mir die Oregon Dunes nicht entgehen lassen. So geschehen. In heftige Begeisterung versetzen sie mich allerdings nicht, vielleicht habe ich schon zu viele Dünen gesehen in meinem bisherigen Leben. Zumindest bieten sie eine schöne Wanderung bis zum Pazifik.

So in der sengenden Sonne durch den tiefen Sand zu stapfen ist schon anstrengend. Mir ist ganz ordentlich warm. Der Versuch, im Meer zu baden, endet allerdings vorzeitig, als mir die Zehen halb abfrieren, obwohl ich noch nicht weiter als bis zu den Knöcheln im Wasser stehe. Brrr! Das vertagen wir dann doch lieber bis weiter im Süden. Oben im Schatten auf eine Bank legen und die Aussicht genießen ist allerdings herrlich.

Die nächste Nacht verbringe ich in einer großen Haltebucht direkt an der Küstenstraße, hoch über einigen Klippen direkt hinter dem Humbug Mountain (kein Scherz!). Von hier aus hat man eine wunderschöne Aussicht, nicht nur auf den Sonnenuntergang. Der Horizont leuchtet in allen Regenbogenfarben, das kommt natürlich auf einem Bild gar nicht so raus. Während ich noch den letzten Farbstreifen zusehe, ziehen die ersten Fledermäuse ihre Kreise um mein Auto.