Amerikareise 2001 - Kapitel 58: Süße Versuchungen

Dieses Kapitel könnte schon wieder in Deutschland anfangen. Da stammen nämlich die Brüder Gustav und Albert Gölitz her, die 1869 begannen, in ihrer neuen Heimat Amerika Süßwaren zu produzieren. Richtig dick im Geschäft ist die Firma allerdings erst, seit sie 1976 angefangen haben, jelly beans herzustellen. Als 1980 ein gewisser Ronald Reagan zugab, ein Fan dieser 1 cm langen Geleebohnen zu sein, ging es rapide aufwärts mit dem Geschäft.

Jelly Belly lieferte enorme Mengen Werbegeschenk-Bohnen, das Weiße Haus revanchierte sich mit ordentlich Öffentlichkeitswirkung. Als die Produktionskapazitäten an der Ostküste knapp wurden, entstand in Kalifornien eine neue Anlage, durch die jetzt jede Menge Besucher geschleust werden.

  Quelle: www.jellybelly.com

Innerhalb der Produktionsanlagen ist fotografieren nicht gestattet. Dummerweise gibt es auf der Webseite von Jelly Belly auch nur diese ausgesprochen riesigen und scharfen Bilder zu bewundern :-( Also: eine geheime Mischung aus viel Zucker (25 Tonnen pro Tag) und möglichst natürlichen Geschmacksstoffen wird in großen Mischmaschinen angerührt. Dann muss das ganze abkühlen, später wird noch mal eine stabilere Schicht drum herum aufgetragen (Bild rechts). Insgesamt entstehen so 40 verschiedene Geschmacksrichtungen, von Cappuccino  und Erdnussbutter über Piña Colada bis Toasted Marshmallow, Root Beer oder Zuckerwatte. Weil die Bohnen zwischendurch immer wieder trocknen müssen, dauert es bis zu 10 Tage, bis sie fertig sind und verpackt werden können.

Die Tour an sich ist gratis (und schließt diverse "klassische" Kunstwerke, zusammengesetzt aus Bohnen ein), auch Probierbohnen sind fer umme (mir schmeckt Wassermelone am besten). Da die angelockten Touristen im Anschluss an die Führung aber noch ordentlich im Fabrikverkauf einkaufen oder sich im angeschlossenen Café eine Pizza in Bohnenform oder einen Bohnen-Hamburger schmecken lassen, klingeln die Kassen dann doch noch kräftig.

Auf der anderen Seite der Straße wird es - zumindest für meinen Geschmack noch köstlicher. Die Thompson Candy Company, auch schon seit 1879 im Schokoladengeschäft, hat hier vor drei Jahren eine neue Fabrik hingestellt, weil die Kapazitäten an der Ostküste erschöpft waren - hab' ich das nicht schon mal gehört? So auf den ersten Blick scheint hier allerdings der Laden, in dem man das komplette Sortiment der Firma erwerben kann, größer als die benachbarten Produktionsanlagen. Und es sieht irgendwie nicht direkt nach Schokofabrik aus. Die Mischmaschine könnte auch in einem Pharmaunternehmen stehen, oder so.

Weiter drüben findet sich eine Maschine, in der Weihnachtsmänner (Ende September - schon fast zu spät) in Formen gegossen werden. Durch ein kleines Fenster kann man die sich drehenden Formen im Kühlschrank sehen, mehr nicht. Logischerweise darf man aus hygienischen Gründen auch nicht näher ran, sondern nur durch eine dicke Glasscheibe zusehen. Auf der Rückseite des Besuchergangs haben sie Infotafeln aufgehängt, die über die Geschichte der Schokolade und den nicht ganz einfachen Produktionsprozess informieren. Das finde ich sehr interessant (wer es sich antun möchte, am Ende dieser Seite habe ich die Stories übersetzt und zusammengefasst).

Nicht wirklich sehr viel sehen kann man auch von den Einpackerinnen. Ich lerne, dass es bisher noch keine Maschinen gibt, die Weihnachtsmänner, Osterhasen etc. in Folie einpacken. Das können bisher nur menschliche Hände. Und die brauchen bis zu drei Monaten, bis sie komplett eingelernt sind. Bei einfachen Osterhasen schaffen sie es dann auf über hundert pro Stunde, während es auch die Profis bei den kompliziertesten Faltobjekten, den Truthähnen, nur auf 72 pro Stunde bringen. Da konzentriere ich mich doch lieber auf ein Kilopaket Mandelschokoladenbruch zum Fabrikpreis ...


Die Geschichte der Schokolade

Für uns Europäer beginnt die Geschichte der Schokolade mit der Entdeckung Amerikas. König Ferdinand und Königin Isabella von Spanien konnten noch nicht sehr viel mit diesen dunkelbraunen Bohnen anfangen, die ihnen Christoph Columbus von seiner Reise mitbrachte. Erst als Hernando Cortez im Jahr 1519 auszog, um Mexiko zu erobern, erfuhr er, dass Maya-Herrscher Montezuma täglich 50 oder mehr Portionen eines Getränks namens "chocolatl" trank. Das königliche Getränk, serviert in goldenen Kelchen, war jedoch sehr bitter und nicht wirklich nach dem Geschmack der Spanier. Erst als sie es mit Rohrzucker süßten und auf die Idee kamen, es heiß zu trinken, konnte es seinen Siegeszug antreten. Während Kakao noch mit Zimt und Vanille verfeinert wurde, entwickelte er sich schnell zum Getränk der Aristokratie. Noch für weitere 100 Jahre sollte es den Spaniern gelingen, das Rezept vor dem Rest Europas geheim zu halten.

Spanische Mönche sollen angeblich das Rezept in Europa verbreitet haben. Durch die Einführung der Dampfmaschine war der Preis für ein Pfund Kakao von 7 DM auf einen Preis gefallen, der es auch der Bevölkerung erlaubte,  sich dieses Getränk zu leisten. Die Erfindung der Kakaopresse 1828 ließ die Preise noch weiter fallen und sorgte durch die Entfernung der Kakaobutter dazu, dass Trinkschokolade die Konsistenz und den Geschmack erhielt, den wir heute kennen. 1847 erfand ein englisches Unternehmen die erste feste "Eßschokolade", der Schweizer Daniel Peter rührte 1876 in Vevy zum ersten Mal Milch in die Schokolade und begründete damit die Tradition der schweizer Milchschokolade.

 

Der Herstellungsprozess: von der Bohne zur Tafelschokolade

Kakaobäume sind sehr empfindlich. Sie brauchen heißes, feuchtes Wetter, fruchtbare Böden und wachsen nur an Stellen, wo es schattig ist. Deshalb werden sie heute meist unter Bananen, Gummibäumen oder Kokospalmen angepflanzt. Obwohl wilde Kakaobäume bis zu 20 Meter hoch und über 200 Jahre alt werden, werden Bäume in Plantagen nach etwa 25 Jahren und 8 Metern Höhe ersetzt. Ursprünglich gab es zwei Arten von Kakaobäumen, Criollo hat helle Früchte in einer dünnen, weichen Haut und ein besonderes Aroma. Forastero ist einfacher zu kultivieren, die Früchte haben eine dicke Schale und ein stechendes Aroma. Heute überwiegen Kreuzungen beider Arten, um höhere Erträge und eine bessere Resistenz gegen Krankheiten zu erreichen.

Kakaobäume tragen das ganze Jahr über Früchte. Um die dünnen Äste nicht zu beschädigen, werden die Fruchtkörper sorgfältig mit Macheten oder Messern an langen Stangen abgeschnitten. Die Fruchtkörper werden mit einer Machete aufgehackt, jeder enthält zwischen 20 und 50 beige Kakaobohnen. Jede Bohne ergibt etwa 1 Gramm Kakao. Durch den Kontakt mit der Luft ändern die Bohnen ihre Farbe in ein leichtes bis sattes violett.

Die Bohnen werden jetzt in Kisten gelagert, wo das Fruchtfleisch um den Kern der Bohne beginnt, zu fermentieren. Der Prozess, bei dem Fruchtzucker in Säure verwandelt wird, erzeugt Temperaturen über 50° Celsius, die dafür sorgen, dass der Keim der Bohne abstirbt und Enzyme in der Bohne aktiviert werden, die später für den Kakaogeschmack wichtig sind. Wenn der Prozess abgeschlossen ist, haben die Bohnen ihre typische dunkelbraune Farbe. Danach werden die Bohnen getrocknet, dabei verlieren sie mehr als die Hälfte ihres bisherigen Gewichts.

Jetzt sind die Bohnen bereit für den Export. Sie werden erneut gereinigt und dann von erfahrenen Experten gemischt, um einen bestimmten Geschmack zu erreichen. Nach dem Rösten werden die Bohnen schnell abgekühlt und geschält. Diese Schalen enthalten 53% Kakaobutter, sie werden in großen Mühlen zerkleinert. So entsteht rohe Bitterschokolade. Das Kakaopulver, das wir im Laden kaufen können, entsteht durch Herauspressen eines Teils der Kakaobutter. Zwischen 10 und 15 Prozent Kakaobutter bleiben im Kakaopulver. Die übrige Kakaobutter hat sehr angenehme Eigenschaften: sie ist bei Raumtemperatur fest, schmilzt aber bei etwa 30° C. Sie wird nicht ranzig und kann deshalb jahrelang gelagert werden, ohne zu verderben.

Tafelschokolade entsteht, indem Bitterschokolade, Zucker, Kakaobutter und ggf. Milch, Vanille oder andere Aromen hinzugefügt werden. Die Rohmasse wird jetzt mehrfach gewalzt, geknetet, erhitzt und abgekühlt, bis sie die endgültige Form erreicht hat.