Amerikareise 2001 - Special (21): Die spinnen, die Amis?

Wie bereits in der Nahrungsmittelabteilung dargestellt, fallen einem urlaubenden Europäer doch einige Dinge auf, die hier drüben einfach anders sind. Was nicht unbedingt heißen soll, dass sie besser oder schlechter sind - einfach anders. Einige Sachen, über die ich so im Laufe der Zeit gestolpert bin, möchte ich Euch gerne zeigen.

Fangen wir doch mal mit einem "besser" an, zumindest aus meiner Sicht. Seit mich mein Espace verlassen hat, leide ich darunter, nicht mehr als (Ro-) MA-NS 385 herumzufahren. Inzwischen habe ich gelernt, dass ich auch das damals nur bekommen habe, weil jemand bei der Zulassungsstelle nicht aufgepasst hat, weil NS aus historischen Gründen eigentlich gar nicht vergeben werden darf. Wie paradiesisch ist es dagegen hier drüben. Da zahle ich einmalig 40 $ und habe danach lebenslang das Nummernschild meiner Wahl. Nicht dass ich Smith für einen bemerkenswerten Namen halte oder unbedingt mit XXXX durch die Gegend fahren möchte, so wie dieser Herr aus Manitoba, aber ein Seattle Mariners Schild mit "Romans" drauf oder für Mama Elke ein Squaredance-licence plate, wäre doch schon ganz schön.

Weil wir gerade bei den Romans waren. Als Buden-Chef der Baseballer ist man ja immer im Dienst. Umso mehr habe ich gestaunt, als ich die Senf- und Ketchup-Euter, die ich bisher für schwedische Unikate hielt, auch in Kanada entdeckt habe. Da ist ja vielleicht doch noch Hoffnung für uns rückständige Deutsche!

In Amerika ist eben alles größer. Das stimmt zumindest für die Trucks. Hier sind die Straßen so breit (und die Entfernungen so groß), dass man sich bei den Fahrzeugen bisweilen schon an die australischen Road Trains erinnert fühlt. Insbesondere, wenn so ein Geschoss eine Handbreit von meiner hinteren Stoßstange entfernt ist und offensichtlich meint, Tempolimits gelten für Touristen und Trucks nicht.

Verkehrsregeln sind sowieso was gewöhnungsbedürftiges hier drüben. Wobei ich mich auch nach 3 Monaten noch nicht an Kreuzungen gewöhnt habe, wo alle 4 Richtungen ein Stop-Schild haben und reihum jeder warten muss. So ein Schwachfug!! Entweder alle stehen und winken sich gegenseitig oder alle fahren gleichzeitig. Wem so was einfällt?!? Zum Thema Verkehrsschilder gibt es übrigens inzwischen ein eigenes Special

Zwei andere Verkehrsregeln finde ich dagegen ausgesprochen gut. Da wäre zum einen die bekannte Regelung, dass man an einer roten Ampel grundsätzlich nach rechts abbiegen darf, wenn man vorher gestoppt hat. Das haben die Deutschen ja minimal aus der damaligen DDR übernommen. Von einer anderen Regel habe ich kürzlich erst erfahren. Wenn ich das richtig kapiert habe, bedeutet sie, dass ein langsames Fahrzeug dann verpflichtet ist, rechts ran zu fahren und die schnelleren vorbeizulassen, wenn sich 5 Fahrzeuge angesammelt haben. Das würde ich mir bei uns manchmal auch sehr wünschen, obwohl das bei uns natürlich nicht so effektiv sein kann, weil alles viel enger ist. Und dass irgendeine Träne je einen Strafzettel deswegen bekommen hat, ist wohl eher unwahrscheinlich.

Autos sind natürlich immer ein gutes Thema für Unterschiede. Obwohl hier der Benzinpreis hier schon astronomische 1,10 DM je Liter erreicht hat und alle Amis furchtbar stöhnen, sind wir noch weit davon entfernt, deshalb Energie zu sparen. Wenn man z.B. nur für 15 Minuten an einem Aussichtspunkt anhalten möchte, um Vögel oder Wale zu beobachten, ist das noch lange kein Grund, den Motor abzustellen. Das würde ja dazu führen, dass das Auto beim Öffnen der Türen bimmeln würde, das vermeiden wir doch lieber. Dass der benachbarte Tourist jetzt Probleme hat, die Wale zu hören, stört nicht weiter. Überhaupt ist das mit dem Krach nicht so schlimm. Während deutsche Autos beim fernbedienten Verriegeln maximal still blinken, hupen oder tuten die hiesigen Fahrzeuge beim Öffnen und Schließen. Und richtig moderne Autos entriegeln nicht nur fernbedient die Türen, sondern starten auch gleich den Motor, noch bevor der Eigentümer die Einkäufe in den Kofferraum geladen hat.

Von wegen Einkäufe. Hierzulande verpackt man fast alles in TetraPacks. Von links: Zucker (4 Pfund = 1,81 kg), Lactosefreie fettarme Milch (halbe Gallon = 1,89 Liter), Orangensaft (64 flüssige Unzen = 1,89 Liter) und Vanillehaferflocken mit Mandeln (15 Unzen = 426 Gramm). Nicht wirklich unpraktisch. An der Kasse wird das dann alles in haufenweise Plastiktüten verpackt, wie bei uns vor 20 Jahren. Der Versuch, mit meiner Visa-Fotokarte zu bezahlen endet üblicherweise in einem kleinen Volksauflauf. Das Mädel an der Kasse gibt bei den Kolleginen an: Guck mal, mit Foto, wie goldig!

Das nächste Thema ist eigentlich nichts für ein Abenteuer- / Sonnenuntergang-Bilderbuch. Aber bisweilen muss man ja auch hier mal wohin. Und da ist den Nordamerikanern die ziemlich geniale Idee gekommen, die Klobrille vorne auszusparen. Finde ich praktisch - ob das in Deutschland aus Schönheitsgründen nicht angekommen ist, oder die Bruchfestigkeit nach DIN beeinträchtigt ist? Wer weiß ... Außerdem haben sie die Schüssel so konstruiert, dass beim Spülvorgang von unten gesaugt wird, etwa so wie im Flugzeug. Das verursacht einen kräftigen Strudel, der in Verbindung mit dem höheren Wasserstand Klobürsten überflüssig macht (die gibt es auch nicht).

Bleiben wir doch noch einen Augenblick auf der Herrentoilette. Ich kann mich nicht erinnern, in Deutschland irgendwo mal eine Baby-Wickelstation gesehen zu haben. Ob das daran liegt, dass in Deutschland nur Frauen Kinder wickeln können/dürfen oder daran, dass deutsche Kinder unterwegs nicht gewickelt werden müssen, weiß ich nicht, jedenfalls finden sich diese herunterklappbaren Tische hier wirklich überall, zumindest bei den Herren. Wenn wir also gerade dabei sind, in Deutschland eine Diskussion über die kinderfreundliche Gesellschaft zu führen, hier wäre ein erster Schritt (ich denke gerade insbesondere an die Eltern von Louisa und Jan). 

Ach ja, dann habe ich da noch was entdeckt, was ich für sehr praktisch halte und in Deutschland noch nirgends gesehen habe. Ich muss zugeben, ich habe im Laden erstmal einen Moment gerätselt, wozu man es benutzt. Ihr auch?

... dann gebt es besser nicht zu. Diese Seite ist noch keine zwei Tage online, da muss ich mir von Heike schon einen weiteren Punkt auf der Weltfremd-Skala eintragen lassen und erfahre von der Existenz von Flossfix "Täglich mit Lust, ganz ohne Frust". Tja, es stimmt also doch: Reisen bildet.